Am frühen Dienstagmorgen ging gegen 4 Uhr bei der integrierten Leitstelle die Meldung ein, dass im Logistikbereich der Firma NUTRICHEM ein Behälter mit hochprozentiger Salpetersäure beschädigt worden sei und die Chemikalie auslaufe.
Ein Gabelstapelfahrer hatte einen Behälter beschädigt und es ergossen sich mehrere hundert Liter der hochprozentigen Säure auf rund 300 Quadratmetern in der Halle. Salpetersäure ist eine farblose, ölige Flüssigkeit mit stechendem Geruch, die bei Kontakt mit Haut, Augen und Schleimhäuten ätzend wirkt. So gesehen hatte der Arbeiter viel Glück. Denn bei dem Missgeschick wurde er nur leicht verletzt - und blieb damit tatsächlich der Einzige, der bei dem Chemieunfall gesundheitliche Folgen davontrug.
Aufgrund des Meldebildes wurde von der ILS Mittelfranken Süd nach dem Einsatzstichwort THL Chemie alarmiert.
Die alarmierte Rother Stützpunktwehr, die FF Allersberg, die weiteren Landkreiseinheiten und Dispogruppen waren schnell vor Ort.
Nach erfolgter Erkundung und genauer Orientierung über das tatsächliche Schadensausmaß, wurde vom Stützpunktkommandanten und Kreisbrandmeister Hans Jürgen Patek, der zugleich als Feuerwehreinsatzleiter fungierte sofort die Erstmaßnahmen eingeleitet und ein Führungsstruktur aufgebaut.
Die Einsatzstelle wurde in verschiedene Einsatzabschnitte u.a. ABC Einsatz, Dekon, Bereitstellungsraum eingeteilt.
KBM Patek, der den Feuerwehreinsatz souverän geleitet hat, wurde von den weiteren , anwesenden Feuerwehrführungskräften unterstützt.
Gemeinsam entschied man sich im weiteren Einsatzablauf, dass man die CSA und Dekoneinheiten aufgrund der langen Einsatzdauer ablösen muss. Aus diesem Grund wurden im Rotationsprinzip alle weiteren CSA Feuerwehren den Landkreises und Dekon Einheiten aus den Inspektionsbereichen alarmiert.
Kontinuierlich fand auch an der aufgebauten Feuerwehreinsatzleitung am ELW 2 des Landkreises Roth, Lagebesprechungen und ein Abgleich der Einsatzmaßnahmen statt, so dass alle Einsatzmaßnahmen aufeinander abgestimmt waren.
Durch regelmäßiges Übungen sind die Spezialkräfte der Feuerwehr, im Umgang mit solchen Chemikalien vorbereitet und ausgebildet ist.
Unter Einsatz von Atemschutz und entsprechender Chemie-Schutzkleidung wurde versucht, das Leck zu schließen und mit Spezial-Bindemitteln die ausgelaufene Chemie zu binden. Die aufgefangene und gebundene Salpetersäure wurde dann in den Außenbereich verbracht.
Kritisch wurde es allerdings gegen 11.30 Uhr, als die Behälter mit dem salpetersäurehaltigen Bindemittel im Außenbereich stark zu rauchen anfingen und ein exotherme Reaktion entstand – Nitrite Dämpfe wurden freigesetzt und gelangten in die Atmosphäre.
Da eine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung, anliegende Firmen und die Einsatzkräfte nicht ausgeschlossen werden konnte wurde deshalb, nach dem Art. 15 Bayerischen Katastrophenschutzgesetz verfahren, ein örtlicher Einsatzleiter eingesetzt und ein ÖEL Stab aufgebaut. Dieser unterstützte/koordinierte dabei die eingeleiteten Maßnahmen, der eingesetzten Fachdienste . Ebenfalls erfolgte eine sehr enge Abstimmung mit dem Betreiber.
Aufgrund des weiteren Verfahrens nach Art. 15 BayKSG wurde zur Unterstützung der Feuerwehreinsatzleitung der ELW 1 der Feuerwehr Büchenbach alarmiert. Der ELW 2 des Landkreises Roth unterstützte den ÖEL Stab bei der Koordinierung der Fachdienste.
In diesem Zusammenhang wurde auch eine Warnung der Bevölkerung für den betroffenen Bereich unmittelbar eingeleitet, zusätzlich eine vorsorgliche Planung für eine eventuelle Räumung angrenzender Firmenareale.
Rund 270 Kräfte von Feuerwehren aus dem gesamten Landkreis und Einheiten aus Schwabach und dem ILS Bereich Nürnberg, dem Sanitätsdienst/Rettungsdienst, Technisches Hilfswerk und Polizei waren im Einsatzgeschehen eingebunden und wurden so aufeinander abgestimmt, dass alles Hand in Hand ging.
Immer im Fokus während der gesamten Zeit: Dass die von der Säure ausgehende Gefahr für Mensch und Umwelt gebannt wird. Aber auch, dass keiner der Helfer und Helferinnen überfordert wird. Umso wichtiger angesichts der Tatsache, dass den gesamten Dienstag über hochsommerliche Temperaturen herrschten. Gleichzeitig aber durften die Feuerwehrleute, die speziell für die Beseitigung von Gefahrgut ausgebildet sind, nicht überfordert werden.
Diese eingesetzten Kräfte haben in Schutzanzügen und mit Atemschutzgerät den Schaden mittels Bindemittel in der Lagerhalle und im Außenbereich bekämpfen müssen, was angesichts der sommerlichen Temperatur sehr anstrengend war.
Etwa alle halbe Stunde wurden die drei bis fünf Mann starken Teams ausgetauscht - und das ab fünf Uhr früh bis etwa 18 Uhr am Abend.
Erst Mittwochnacht gegen drei Uhr zogen die letzten Feuerwehrkräfte, die Wache gehalten hatten, ab.
Aufgrund der Ereignisse war es auch wichtig, die Presse und Medienarbeit zwischen dem Betreiber, der Polizei und dem Landratsamt zu koordinieren, um somit auch eine gute Perfomance in den Medien zu realisieren.
Die Zusammenarbeit mit der Firma NUTRICHEM war zu jedem Zeitpunkt absolut vorbildlich, zielgerichtet und im Einklang. Hiermit möchten wir auch der Firma ein großes Kompliment für die professionelle Abarbeitung dieses kritischen Ereignisses aussprechen.
Dieses Engagement der Einsatzkräfte ist letztendlich der Beweis dafür, welche Leistungsfähigkeit das ehrenamtliche Hilfeleistungssystem im Landkreis und über die Landkreisgrenzen hinaus bietet.
Eingesetzte Einheiten:
- Kreisbrandinspektion
- UGÖEL Lkr Roth
- UG Atemschutz/Gefahrgut
- UG Drohne
- FF Roth
- FF Allersberg
- FF Petersgmünd
- FF Spalt
- FF Mosbach
- FF Dürrenmungenau
- FF Bernlohe
- FF Rednitzhembach
- FF Georgensgmünd
- FF Schwanstetten
- FF Ebenried
- FF Hilpoltstein
- FF Wendelstein
- FF Greding
- FF Aurachhöhe
- FF Regelsbach
- FF Büchenbach
- FF Altenfelden
- FF Brunnau
- FF Eckersmühlen
- FF Thalmässing
- FF Birkach
- FF Kiliansdorf
- FF Rothaurach
- FF Schwabach (Bindemittel)
- FF Zirndorf (Bindemittel)
- FF Wilhermsdorf (Bindemittel)
- THW Fachberater
- THW Roth
- Polizei
- Rettungsdienst